Selberlesen oder Verschenken - dazu einige Tipps von uns.
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Die Schwestern Jonas Hassen Khemiri

Jonas ist der Sohn eines tunesischen Vater und einer schwedischen Mutter. Er ist in Stockholm aufgewachsen und der Roman umfasst die ersten dreißig Jahre seines Lebens. Und die der drei Schwestern der Familie Mikkola, die in seiner Kindheit in die Nachbarschaft gezogen sind und bei denen der kulturelle Hintergrund genau umgekehrt ist. Deren Mutter ist eine tunesische Teppichhändlerin und ihr Vater ist unbekannt. Die drei sehr unterschiedlichen Schwestern halten zusammen und wo sie auftauchen gibt es großen Wirbel. Sie sprechen untereinander englisch und sie machen ihrem Ruf des Mysteriösen alle Ehre. Bei allem lastet der Fluch auf ihnen, dass sie in ihrem Leben, alles was sie lieben, verlieren werden. Kann vielleicht Jonas, der von Anfang an von den Schwestern fasziniert ist, diesen Fluch brechen? Der Roman ist ein toller Mix aus dem Leben zweier Familien zwischen Stockholm, Tunis und New York. Rowohlt 2025

Der Gärtner und der Tod Georgi Gospodinov

»Mein Vater war Gärtner. Jetzt ist er ein Garten.«
Mit diesem Satz beginnt das Buch des bulgarischen Autors Georgi Gospodinov. Und damit ist der Ton des Buches schon gesetzt. Gospodinov setzt sich mit dem Leben und dem Sterben seines Vaters auseinander. Dieser bekam mit Anfang sechzig eine Krebsdiagnose, konnte aber die Krankheit durch die medizinische Behandlung weitgehend überwinden. Nachdem er wieder zu Kräften gekommen war, bestand seine Lebensaufgabe darin, einen großen Garten mit Gemüse, Früchten und Blumen anzulegen. " Er und der Garten wurden eins, mein Vater ließ nicht von ihm ab, aber auch der Garten würde ihn nicht mehr loslassen."
In vielen Rückblicken beschreibt der Autor sein Verhältnis zu seinem Vater, an Hand von Begebenheiten aus seiner Kindheit und seinem Umgang im letzten 79stenLebensjahr in dem die Krankheit wieder die Oberhand gewinnt. Es ist ein sehr persönliches Buch, aber für die Leserin und den Leser auch ein tröstendes, wie liebevoll er seinen Vater beschreibt. Für alle die Abschied nehmen oder genommen haben. In den Schilderungen vom Kreislauf der Natur, im Wachsen und Vergehen der Pflanzen im Garten zeichnet Gospodinov wunderbare Bilder. Aufbau Verlag 2025

Stadt der Hunde Leon de Winter

Jaap Hollander ist ein renommierter niederländischer Gehirnchirurg und bereits in Rente. Er lebt allein, denn seine Ehe ist nach dem unerklärlichen Verschwinden seiner Tochter vor zehn Jahren in die Brüche gegangen. Er kehrt jedes Jahr nach Israel in die Wüste Negev zurück, wo seine Tochter zum letzten Mal gesehen wurde. Ihn lässt die Ungewissheit über die Umstände des Verschwindens nicht los und er versucht mit allen Mitteln mehr über das Geschehen in Erfahrung zu bringen. Als sich ein geologisches Forschungsteam anbietet, in dieser Gegend Nachforschungen anzustellen, fehlen ihm dazu die finanziellen Mittel. Doch zeitgleich bekommt er ein Angebot des israelischen Ministerpräsidenten noch einmal eine komplizierte Gehirnoperation durchzuführen, bei der als Lohn nicht nur ein Beitrag zur Versöhnung des Konflikts zwischen Israel und Saudi-Arabien in Aussicht gestellt wird, sondern auch ein großartiges Gehalt, mit dem er das Forschungsteam finanzieren könnte. Obwohl das Gelingen der Operation fraglich ist, lässt er sich darauf ein. Ein spannendes Buch vor dem Hintergrund des Nahostkonflikts und eine persönliche Auseinandersetzung mit dem Verlust der Tochter, der Ehe und dem Älterwerden, bei dem der Protagonist nicht ohne Ironie auf sein Leben zurückblickt. Dabei ist es nicht immer eindeutig, ob die Dinge wirklich so geschehen sind, oder sich doch die Erinnerung manchmal verklärt. Diogenes 2025

Die zerbrechliche Zeit Donatella Di Pietrantonio

Eindrücklich zieht die Autorin die Leserin und den Leser in die Geschichte eines Verbrechens hinein, das dreißig Jahre zuvor in einem kleinen Ort in den Abruzzen passierte. Der Anlass ist die Rückkehr der Tochter der Erzählerin aus ihrem Studienort Mailand. Diese zieht sich völlig in sich zurück und ihre Mutter vermutet als Ursache einen gewalttätigen Übergriff. Dabei erinnert sie sich selbst an ein Ereignis, das in ihrem Heimatort passierte, als sie in ähnlichem Alter war. Ihre behutsame Annäherung an ihre Tochter und ihr Verhältnis zu ihrem Vater führen in die Zeit der 60er Jahre und ins heutige Italien. Und zu der Frage, wie der Zwiespalt zwischen der Enge der Provinz und der Sehnsucht nach Unabhängigkeit in der Welt ausgehalten werden kann. Der Ort an dem man aufgewachsen ist, lässt einen nicht los, sondern prägt das ganze Leben. Die Autorin ist zu recht für diese Buch in diesem Jahr mit dem Premio Strega ausgezeichnet worden. Kunstmann 2024

James Percival Everett

Percival Everett erzählt die Geschichte von Huckleberry Finn aus der Sicht des Sklaven Jim. Dieser ist keineswegs ein ungebildeter Mensch, sondern hat sich in der Bibliothek seines Arbeitgebers selbst das Lesen beigebracht und vermittelt seine Kenntnisse auch an die anderen Sklaven, die mit ihm zusammenleben. Sie sprechen untereinander in einer fehlerfreien Sprache, verbergen diese Fähigkeit aber vor den Weißen. Denn es wäre zu gefährlich für sie, wenn diese wüssten wie intelligent und gebildet sie sind. So sprechen sie in Gegenwart von Fremden in einer einfachen, fehlerhaften und undeutlich rudimentären Sprache, die der Übersetzer Nikolaus Stingl in einen überzeugenden Rhythmus übertragen hat. Jim, der nach New Orleans verkauft werden soll, flieht mit Huck, der seinerseits etwas ausgefressen hat und sie erleben entlang des Mississippi auf ihrer Flucht nach Norden eine Reihe von Abenteuern; Unwetter und Begegnungen mit Betrügern und Blackface-Sängern. Everett führt uns auf spannende, bedrückende, aber auch teilweise ironische Art die Zeit der Sklaverei in Amerika noch einmal vor Augen. Hanser 2024

Das kleine Haus am Sonnenhang Alex Capus

Das neue schmale Buch von Alex Capus spielt in den neunziger Jahren in Italien. Der Autor hatte sich ein einfaches Steinhaus in der Nähe eines kleinen, verlassenen Ortes im Piemont gekauft und verbrachte dort mehrere Sommer, blieb auch manchmal den Winter dort. Ab und zu wird er von seiner Freundin und ein paar Freunden besucht. Er ist dabei, sein erstes Buch zu schreiben und macht sich Gedanken über seine Liebe zur Literatur und das einfache Leben. Was braucht er, um zufrieden zu sein? Reicht es aus an einem schönen Ort zu leben und sich mit dem zu begnügen, was dieser einem bietet? Capus fängt die Stimmung der Zeit in Italien auf, in der er als Fremder von den wenigen Einwohnern wohlwollend, aber auch neugierig beobachtet wird. Er genießt die Einsamkeit und den unaufgeregten Kontakt zu den wenigen Bewohnern des Dorfes und seiner sich wiederholenden alltäglichen Regelmäßigkeit. Ein leichtes Buch in dem er Autobiografisches mit seinen Gedanken über Poetik vermischt. Nicht unbedingt ein Roman, aber eine luftige Lektüre, bei der man sich gerne in die sommerliche Hitze Italiens und das Leben in einfachen Verhältnissen in den Neunzigern hineinversetzt. Hanser 2024

Die Jungfrau Monika Helfer

Zwei Jugendfreundinnen, die sich aus den Augen verloren haben, treffen sich im Alter wieder. Gloria stammte aus sehr wohlhabenden Verhältnissen, Moni hatte eine eher ärmliche Kindheit. Diese hat ihre attraktive und immer elegant gekleidete Freundin sehr bewundert. Ihr erwachsenes Leben in den sechziger Jahren ist sehr unterschiedlich verlaufen. Gloria konnte die angestrebte Schauspielerkarriere nicht verwirklichen und blieb mit ihrer alleinerziehenden Mutter in einer von Illusionen geprägten Umgebung alleine. Ihre großen Pläne haben sich nicht erfüllt. Moni war immer eher bescheiden und zurückhaltend und hat eine problematische Ehe hinter sich. Beide blicken auf ihr Leben zurück und fragen sich, warum sie so geworden sind, wie sie sind. Es ist die Geschichte einer Freundschaft, bei der die eigentlich unauffälligere ein intensiveres Leben geführt hat als die andere und in der bei der glamouröseren Freundin Dinge zum Vorschein kommen, die man nicht vermutet hätte. Im Rückblick wird deutlich, welche Anforderungen an Frauen in den sechziger Jahren gestellt wurden und wie sie sich den gesellschaftlichen Umständen anpassen mussten. Ein kurzes starkes Buch! Hanser 2023

Kleine Probleme Nele Pollatschek

Was soll man sagen? Das Buch "Kleine Probleme" von Nele Pollatschek ist auf allen Kanälen gelobt worden. Und so kann ich mich nur anschließen. Denn es ist ein großer Spaß Lars dabei zu beobachten, wie er am letzten Tag des Jahres noch versucht, all das zu erledigen, was er sich in seinem 49jährigen Leben vorgenommen hatte. Zum Beispiel einen Roman zu schreiben, das Bett seiner Tochter aufzubauen, die Steuererklärung zu machen und mit dem Rauchen aufzuhören. Er findet dafür oft überraschende Lösungen und es ist zu komisch, wie er sich mit den Details verzettelt. Jede Schraube des Ikea-Betts bekommt einen neuen Namen und wie macht man nur einen Nudelsalat ohne Nudeln? Ein Buch, das wunderbar unter den Tannenbaum passt und die vielen Vorsätze, die man üblicherweise zum Jahresende fasst, in ihrer Dringlichkeit in Frage stellt. Einfach ein Vergnügen! Galiani 2023

Vatermal Nacati Öziri

Necati Öziri ist Theaterautor und dies sein erster Roman. Der zwanzigjährige Arda liegt mit Organversagen im Krankenhaus und weiß, dass er nicht mehr lange leben wird. Täglich besuchen ihn abwechselnd seine Mutter Ümran und seine Schwester Aylin, die seit zehn Jahren nicht mehr miteinander sprechen. Sein Vater hat seit langem die Familie verlassen und in der Türkei, ihrer aller Geburtsland, eine neue Familie gegründet. Sein nahes Lebensende nimmt Arda zum Anlass seinem Vater, zu dem er keinen Kontakt mehr hat, sein Leben und das seiner Mutter und Schwester in Deutschland zu schildern. Er erzählt von seinen Freunden, den Konflikten mit der Ausländerbehörde, von Polizeikontrollen und wie es zum Zerwürfnis zwischen seiner Mutter und seiner Schwester kam. Es ist ihm ein Anliegen seinem unbekannten Vater seine Geschichte zu erzählen, damit dieser nicht sagen kann, er hätte nicht gewusst, wie es seiner Familie in Deutschland ergangen ist. Sehr lesenswert und berechtigterweise einer der Titel auf der Auswahlliste zum Deutschen Buchpreis. Claassen 2023

Mittsommertage Ulrich Woelk

Ruth Lember soll als Philosophieprofessorin in den Deutschen Ethikrat berufen werden. Das wäre der Höhepunkt ihre beruflichen Laufbahn.
Doch im Laufe einer Woche ändert sich ihre Lebenssituation komplett. Es beginnt mit einem Hundebiss am Montagmorgen, dem sie zunächst keine große Bedeutung beimisst. Doch diese Verletzung und weitere Ereignisse ziehen sich durch die Woche. Ein Jugendfreund taucht nach Jahren auf und konfrontiert sie mit ihrer Vergangenheit und ihren politischen Aktivitäten zu Studienzeiten. Diese kollidieren mit ihrem heutigen Persönlichkeitsprofil und ihrer beruflichen Zukunft. In der Diskussion mit der Tochter ihres Lebenspartners, die sich bei der Letzten Generation engagiert, wird viel Heutiges dem Engagement der früheren Umweltaktivistin gegenüber und in Frage gestellt.
Der Roman von Ulrich Woelk greift ein aktuelles Thema auf. Wie weit darf ich gehen, um meine politischen Ziele durchzusetzen ? C.H.Beck 2023

Das Schloss der Schriftsteller Uwe Neumahr

20. November 1945: Die Welt blickt auf Nürnberg. Erstmalig werden dort die politisch und die militärisch Verantwortlichen eines Verbrecherregimes zur Verantwortung gezogen. Der Ort hat Symbolcharakter –Hitlers Reichsparteitage fanden in Nürnberg statt, die gleichnamigen Gesetze „zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ wurden dort erlassen. Die Anklagepunkte: Verschwörung gegen den Frieden, Entfesselung und Führung eines Angriffskrieges, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Zweihundertfünfzig Journalisten aus aller Welt sind angereist, um zu berichten, zu dokumentieren, zu erzählen, darunter John Dos Passos, Elsa Triolet, Rebecca West, Martha Gellhorn, Alfred Döblin, Erika Mann, Erich Kästner, Wolfgang Hildesheimer, Willy Brandt und sein späterer Gegenspieler Markus Wolf. Die amerikanische Journaille war im Press Camp in Stein, im Schloss der Bleistiftdynastie Faber-Castell untergebracht, nur die Männer, die Frauen – reine Männersache sei dieser Prozess, kritisierten sie –, in einer Villa im Schlosspark. Die Arbeits- und Wohnbedingungen war schwierig, die Haltung der Pressevertreter gegenüber Deutschland und seinem Volk kontrovers, der Kalte Krieg warf seine Schatten voraus (die sowjetischen Journalisten logierten nicht im Schloss, aber immerhin wurde nachts gemeinsam getrunken, getanzt und gefeiert). Und immer die Frage: Wie unsägliches Grauen in Worte fassen? Wie unfassbare Verbrechen dokumentieren? Und was hat dieser Prozess mit den Journalisten gemacht? In Einzelporträts geht der Autor diesen Fragen nach und entwirft ein Panorama der Prozessjahre 1946 bis 1949 und ihrer Protagonisten. Eine äußerst lohnenswerte Lektüre! C.H.Beck 2023

Zwischen Welten Juli Zeh/Simon Urban

Vor zwanzig Jahren diskutierten Teresa und Stefan am Küchentisch ihrer Kleinst-WG; soffen, stritten und vertrugen sich wieder. Sie waren einander Familie, Liebe war zumindest bei Teresa nicht vorgesehen. Jetzt sind sie Mitte vierzig, und ihr Alltag könnte nicht unterschiedlicher sein: Teresa rackert sich auf dem Hof ihres Vaters in Brandenburg ab, hat Milchkühe, Angestellte, zwei Kinder, einen Mann und Schulden bis über beide Ohren. Stefan leitet die Kulturredaktion eines altehrwürdigen BRD-Blattes, sitzt als Single in einer schicken Wohnung und redet sich ein, dass alles passt in seinem Leben. Die erste zufällige Begegnung mündet in Zoff, aber man bleibt in Kontakt. Und in E-Mails und WhatsApp-Nachrichten entbrennt ein streitbarer Dialog, in dem vieles hochkocht – Gendersprache, Rassismusdiskussion, Klimakrise, sogenannte Sachzwänge und die Ukraine. Aber immer ist da auch eine tiefe Sehnsucht nach Nähe, nach Verstandenwerden – ein hochaktueller Roman um Gräben, die mitten durchs Land und unsere Beziehungen laufen. Und trotz aller Themen und Thesen voller Tempo und Lust am Erzählen. Luchterhand 2023

Dein Fortsein ist Finsternis Jón Kalman Stefánsson

Der isländische Autor Jón Kalman Stefánsson gibt uns in seinem Roman einen tiefen Einblick in das karge Leben der Isländer, über fast zwei Jahrhunderte hinweg. Der Erzähler ist ein Mann, der sich zu Beginn in einer Kirche wiederfindet und sein Gedächtnis verloren hat. Er trifft im Ort auf Personen, die ihn kennen und mit Hilfe derer Geschichten er sich langsam an sein eigenes Leben zu erinnern beginnt. Der Hauptteil des Romans besteht aus Rückblicken, in denen die Lebensgeschichten verschiedener Familien und deren Nachkommen bis in die Gegenwart erzählt werden. Auch wenn diese nicht chronologisch erzählt sind, kann man ihnen gut folgen und erwartet mit Spannung, wie sich ihr Leben entwickelt, denn die Situationen sind zutiefst menschlich und lebensnah. Amüsant ist dabei der teilweise ironische Blick des Erzählers auf die Geschehnisse und seine Gespräche mit einem imaginären Zuhörer von dem man nicht weiß, ob er von Beruf Busfahrer, Priester oder vielleicht sogar der liebe Gott selbst ist. Wer schon einmal Aufnahmen von Island gesehen hat, kann sich durch die Beschreibungen von Stefánsson sehr gut vorstellen, wie gerade das raue Klima Einfluß auf das Leben der Menschen hat. Ein Roman, der einen durch die Intensität der beschriebenen Figuren so schnell nicht loslässt! Piper 2023

Das Rätsel der Schamanin Harald Meller / Kai Michel

Harald Meller und Kai Michel weisen in ihrem spannenden und humorvoll geschriebenen Buch nach, wie das patriarchale, ideologische und koloniale Denken in der Archäologie und der Geschichtsforschung eine unheilige Allianz eingegangen sind, um den jeweiligen Zeitgeist zu bestärken. Das hat mit unvoreingenommener, neutraler Wissenschaft nichts zu tun. Geht man aber objektiv an die Historie, dann hat die Archäologie das Potential, unsere Gewissheiten auf den Kopf zu stellen. Die Schamanin von Bad Dürrenberg erwacht wieder zum Leben und hat uns auch heute noch etwas Wichtiges zu sagen – nämlich, woher wir kommen und wie die Vergangenheit in uns bis heute nachwirkt. Sie holt das zutiefst Menschliche wieder ans Tageslicht, das uns immer wieder die Richtung zeigt im Umgang mit der Welt. Deshalb ist die Vergangenheit gerade heute so aktuell wie nie zuvor, denn sie weist Richtungen auf, die zu Lösungen der aktuellen Katastrophen führen können. Heller und Michel ist damit ein wichtiges Buch gelungen, das gut mit heutigen Erkenntnissen über den Schutz der Umwelt, mit dem spirituellen Grundbedürfnis der Menschen und mit einem guten sozialen Miteinander verbunden werden kann. Rowohlt 2022

Kummer aller Art Mariana Leky

Das neue Buch von Mariana Leky sind Kolumnen, die bereits in der Zeitschrift "Psychologie heute" erschienen sind. Doch hier wurden sie zusammengefasst und nehmen dadurch beinahe die Gestalt eines Romans an. Wie schon in ihren früheren Büchern beobachtet die Autorin mit Wärme und Humor ihre Mitmenschen. Diesmal die Bewohner eines Mehrfamilienhauses. So schreibt sie über Frau Wiese, die nicht mehr schlafen kann; Herrn Pohl der nachhaltig verzagt ist; Lisas ersten Liebeskummer; Frau Schwerter muss ganz dringend entspannen, ein trauriger Patient hat seine Herde verloren, und Psychoanalytiker Ulrich legt sich mit der Vergänglichkeit an. Kummer aller Art plagt die Menschen, die sich, mal besser, mal schlechter, durch den Alltag manövrieren. Aber durch den Kummer sind sie vereint. Und das ist schon mal eine Hilfe!
Klug, humorvoll und mit großem Sinn für Feinheiten und Absurditäten porträtiert Mariana Leky Lebenslagen von Menschen, denen es nicht an Zugänglichkeit mangelt, wohl aber am Mut zur Erkenntnis, dass man dem Leben nicht dauerhaft ausweichen kann. DuMont 2022

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